Pfarrkirche St. Ursula in Dieterskirch

Das Werk eines Meisters der Neugotik

Die Pfarrkirche St. Ursula ist ein Bauwerk des bekannten oberschwäbischen Architekten Josef Cades (1855 – 1943) aus dem Jahr 1898, der ein Meister des Historismus war und unzählige Kirchen entworfen und geplant hat, davon allein 39 in unserer Diözese Rottenburg-Stuttgart. Allerdings sind nur wenige seiner Kirchen in so nahezu unveränderter Gestalt erhalten geblieben wie die Dieterskircher Pfarrkirche, denn einige davon wurden im zweiten Weltkrieg zerstört, viele andere wegen des sich ändernden Geschmacks der Zeit grundlegend verändert oder nach dem zweiten Vatikanum purifiziert und fast ihrer kompletten Ausstattung beraubt.

Die heutige Pfarrkirche in Dieterskirch wurde an der Stelle einer viel kleineren Kirche gebaut. Im Sommer 1877 wurde festgestellt, dass der Kirchturm der alten Kirche verschiedene bauliche Mängel aufwies. Zudem war er mit nur 16 m zu niedrig. Schon länger wurde bemängelt, dass die Bewohner von Oberwachingen und Dietershausen den Ruf der Glocken nicht vernehmen konnten. Zuerst sollte der alte Turm nur aufgestockt werden. Nach näherer Betrachtung kam auf, dass das Fundament sehr schlecht war. So wurde beschlossen, einen komplett neuen Turm zu bauen, der dann 42 m hoch sein sollte.

Im September 1878 begann der Bau des Turms. Im August 1879, kurz vor Vollendung, wurde beschlossen eine neue Uhr einzubauen. Diese Uhr schlug die Stunde doppelt, was bis heute so geblieben ist. Da schon feststand, dass auch die Kirche irgendwann neu gebaut werden sollte, das Kapital dafür aber noch nicht reichte, wurde der Turm so gebaut, dass er zukünftig bei der neuen Kirche gegenüber der Sakristei sein sollte. Die Kirche wurde jedoch von einem anderen Architekten als der Turm geplant. Architekt Joseph Cades plante sie größer als ursprünglich gedacht. So musste festgestellt werden, dass der Kirchturm am Ende doch nicht an der richtigen Stelle erbaut wurde und daher nicht direkt gegenüber der Sakristei liegt.

Der letzte Gottesdienst in der alten Kirche wurde am 14. März 1898 abgehalten. Am Folgetag wurde mit dem Abbruch begonnen. Der eigentliche Bau begann am 14. Mai. Die Grundsteinlegung wurde am 14. Juni 1898 gefeiert und bereits Ende August war die Kirche im Rohbau fertig. Bis Ende November beendeten die Gipser die Arbeiten im Inneren. So konnte die Kirche bereits ab 01. Dezember 1898 wieder als Notkirche genutzt werden. Am 16. April 1901 schließlich wurde die Kirche im Rahmen der Spendung des Firmsakraments von Bischof Paul Wilhelm von Keppler aus Rottenburg eingeweiht.

Neben den aufwendig bemalten und original erhaltenen Wänden fallen die drei Altäre auf. Der Hauptaltar sowie die beiden Seitenaltäre und die Kanzel wurden vom Bildhauer Franz Müller aus Saulgau gefertigt. Besonders auffallend ist der reichhaltige Goldschmuck. Die Altäre, die alle gespendet wurden, wurden im Jahre 1899 aufgestellt. Im Hochaltar befinden sich Figuren vom Herz Jesu, Hl. Vitus, Hl. Antonius, Hl. Thomas und der Hl. Klara. Der rechte Seitenaltar, der Ursula-Altar, beherbergt von links den Erzengel Michael, die Hl. Ursula die Schutzpatronin der Kirche sowie Johannes vom Kreuz. In diesem Seitenaltar ist auch das Grab Jesu Christi integriert, welches jedes Jahr an Karfreitag geöffnet wird. Rechts vom Seitenaltar befinden sich Figuren vom Hl. Josef sowie oberhalb des Taufsteins Johannes der Täufer. Der linke Seitenaltar, der Marien-Altar, beherbergt Figuren von Rita von Cassia, Maria, der Mutter Gottes sowie den Hl. Franziskus. In diesem Seitenaltar ist die Darstellung Betlehems für eine Krippe integriert. Links vom Seitenaltar befinden sich die Figuren von Christus (Herz Jesu) und der Hl. Margareta Maria Allacoque.

Auf der Kanzel sind von links der Hl. Hironimus, Hl. Gregorius, Jesus, der Hl. Ambrosius sowie der Hl. Augustinus abgebildet.

Auf den von der Firma Franz Xaver Zettler gefertigten Chorfenstern werden links die Ermordung Ursulas mit Pfeil und Bogen und im rechten Fenster die Audienz beim Papst dargestellt.

Die 14 Stationen des Kreuzweges, ca. 40 x 65 cm groß, wurden von dem Riedlinger Bildhauer Gabriel Lämmle nach eigener Komposition als Hochrelief in Lindenholz geschnitzt. Schon vor der Lieferung wurde von der damaligen Riedlinger Zeitung die akkurate und mit großer Sorgfalt ausgeführte Arbeit gelobt und der Pfarrgemeinde zu diesem Kunstwerk gratuliert.

Der Taufstein wurde 1899 von Steinhauer Harter aus Rettighofen nach einer Zeichnung des Architekten Cades gefertigt.

Der Beichtstuhl, das Chorgestühl sowie die Kommunionbank wurden von dem Bildhauer Binder aus Ehingen, ebenfalls nach Zeichnungen von Architekt Cades gefertigt. Die saubere und exakte Ausführung wurde schon im Jahre 1900 lobend erwähnt.

In der St. Ursula Kirche befinden sich 3 größere Wandgemälde. Auf der Wandfläche über dem Eingang zum Turm ist die Heilige Familie dargestellt. Gemalt wurde dieses Bild 1902 von Franz Karl Baumeister aus Zwiefalten. Auf der Wandfläche der rechten Chorwand sind 2 Gemälde nebeneinander. Das Bild auf der linken Seite zeigt Mariä Verkündigung, das Bild auf der rechten Seite ist ein Rosenkranzbild mit dem Hl. Dominikus und der Mutter Gottes. Beide Bilder wurden 1910 von Anton Müller aus Laupheim gemalt.

Im hinteren Bereich der Kirche befinden sich auf der rechten Seite Statuen des Hl. Antonius und eine barocke Marienfigur, die noch aus der früheren Kirche stammt, sowie auf der linken Seite der Hl. Wendelin und ein Missionskreuz

Die Orgel wurde im Jahre 1900 von der Firma Späth aus Ennetach aufgestellt. Die Orgel wird pneumatisch betrieben und hat 2 Manuale und 26 Register.

Der Ambo wurde von der ortsansässigen Schreinerei Erwin Pfender Anfang der 1980er Jahre gefertigt und die Schnitzereien der neugotischen Stilrichtung der Kirche angepasst.

Im Turm der St. Ursula Kirche wurde 1964 der Holzglockenstuhl durch einen Stahlglockenstuhl ersetzt. Hier hängen seither die folgenden 4 Glocken: Die 1. (große) Glocke wiegt ca 1.400 kg und trägt das Bild der Hl. Ursula mit der Inschrift: Hl. Ursula, Schutzpatronin, bitte für uns! Die 2. Glocke wiegt ca. 600 kg und trägt das Bild der Bussenmuttergottes mit der Inschrift: „Unsere lb. Frau vom Bussen, bitte für uns!“ Marienweihe am 08. Dezember 1943 „Jungfrau Mutter Gottes mein, laß mich ganz dein Eigen sein.“ Die 3. Glocke wiegt ca. 360 kg und trägt das Bild des Hl. Josef mit Kind. Inschrift: „Zum Dank für Schutz vom 21. – 23. April 1945 und zum Andenken an die Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges. Laß Josef schuldlos uns durchs Leben gehen, in deinem Schutz uns stets gesichert stehen“. Die 4. Glocke, die Totenglocke, wiegt ca. 160 kg und trägt das Bild der Mutter Gottes und die Inschrift: „Herr gib ihnen die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen“. Die Glocken bilden den Akkord: es´- g´- b´- c´´

Reich geschmückte Kanzelbrüstung mit Darstellungen des heiligen Gregorius (links) und des heiligen Ambrosius (rechts)

Mariendarstellung mit dem gekrönten Jesuskind

Ausschnitt aus einem Glasfenster im Chor: Überaus detailreich und mit lebendigen Farben